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Ausschnitt von Robert Feldmanis` Schrift: Die Vereinigungsmöglichkeiten im modernen Protestantismus. Riga, 1935. - 77 Seiten


III. DIE PRINZIPIEN UND DIE MÖGLICHEN GRUNDLAGEN DER VEREINIGUNG DES MODERNEN PROTESTANTISMUS

1.      Die Prinzipien der Vereine

Bei der Besichtigung der Vereinigungsprinzipien der christlichen Kirchen kann man sich

haupsächlich zwischen zwei Prinzipien nämlich dem römisch-katholischen und dem evangelischen unterscheiden.

            Das Prinzip der römisch-katholischen Kirche ist sehr klar un einseitig. Nach diesem Prinzip ist die Wiedervereinigung der Kirchen möglich nur dann, wenn sich die anderen von der römisch-katholischen Kirche abgesonderten Gruppen wieder zu der einzige, echte un heiligmachende Kirche wiederkehren, d.h. sich wieder im Schoß der römisch-katholischen Kirche befinden. Das ist das Prinzip des Einströmens oder der Assimilierung, dem Rom treu geblieben ist seit der Zeiten, als sie, abgesondert von Byzanz,  zu der Vereinerin der anderen Kirchen wurde. Die von der römisch-katholischen Kirche geschlossenen Unien mit den Kirchen von anderen Riten und dogmatischen Fundamente (sogar mit den Monophysiten) sind klare Zeugnisse davon, daß sich alle diese verschiedenen und unieierten Kirchen der slawischen, griechischen, rumänischen, syrischen, koptischen, abesynischen und arabischen Riten als kleine Bächlein in das große römische Meer hineingeströmt haben, ohne etwas von dem Geschmack dieses Meeres zu ändern können, sondern haben sich damit ganz angeglichen und darin verschwunden. Es ist kennzeichnend, daß Rom in diesem eifrigen Lauf der Uniformierung und Assimilierung nicht vor den dogamtischen Widersprüchen stehen geblieben ist, sondern ist auffällig leicht den monophysitischen Schism übergegangen und ihn de facto in den maronitischen, jakobitischen und koptischen Kirchen anerkannt. Das einzige Prinzip und der einzige Maßstab der Vereinigung ist die äußerliche Uniformität, die Anerkennung des päpstlichen Primats und die Annahme der allgemeinen römischen Linie. Mit der Zeit und bei den günstigen Umständen ist es sehr wahrscheinlich, daß diese Uniaten noch näher zu der römisch-katholischen Kirche herangezogen werden, so daß endlich sie ganz mit der römisch-katholischen Kirche assimiliert sind (wie, z.B., der Zustand der Uniaten in Nachkriegspoland).  Obwohl wegen siener Konsequenzen dieses Prinzip auch anziehend aussehen kann, das hält für die ganze christliche Sache gewisse Unvollständigkeiten und Gefahr verborgen.  In der Schrift von R. Wallau, „Die Einigung der Kirche vom evangelischen Glauben aus”, (S. 101) sind die Aussagen von N. Söderblom zu finden, wo er darauf hinweist, daß hinter diesem übereifrigen Streben ihren institutionellen und aufsaugenden Typ zu erfüllen, die römisch-katholische Kirche, ungeachtet ihrer weiten Basis, auf der sie gebaut ist, hier ist wie eine Durchschnittsekte, deren Grund nicht mehr eine dem christlichen Wesen entsprechende Idee ist, sondern von ihr selbst erdachter Plan.

            Zumindest theoretisch haben alle protestantischen Kirchen auf dieses Prinzip verzichtet. In der Praxis schließt das leider nicht den Proselitismus auf die Kosten der anderen Konfessionen aus, indem die „absolute Christenheit“ der propagandierenden Konfession oder Sekte betont wird. In unseren Zeiten hat das protestantische Leben der Kirche selbst dazu geführt (in den Zeiten der orthodoxen Konfessionen konnte davon keine Rede sein), daß das Ideal der evangeslische Kirche, wenn man das nicht eng nur in der institutionellen Kirche sieht, praktisch in den Rahmen einer oder anderer Konfession gar nicht zu erfüllbar ist. Andererseits hat die negative Seite der evangelischen Kirche nämlich ihre übermäßige Zersplitterung auch seine heilsame Bedeutung gehabt – sie hat gezeigt, daß jede christliche Gemeinschaft, unabhängig von ihrer Größe, Lehre, Einrichtung oder Kultus, wenn sie nur ihrem großen Auftrag – dem Tragen des Gottesreiches auf diese Welt – treu bleibt, eine wertvolle, eigenartige, anders nicht zu ersetzbare Arbeit erfüllt, die vor Gottes Augen einen Wert hat. Das kann mit einem Organ in einem grossen Oragnismus vergleichen, das seine besondere und bestimmte Funktion erfüllt. Die christliche Offenbarung ist so riesig, daß es ist unmöglich sie nur in einer Gestalt oder Form aufzunehmen (einzuschließen). Diese Erkenntnis ist auch die Grundlage des protestantischen Prinzips der Vereinigung, das, zum Beispiel, von der Bewegung „One Faith and Order“ in den Wörtern „das ganze Leib Christi zu vereinigen“ ausgedrückt ist. Die führende Idee im protestantischen Prinzip der Vereinigung beruht sich auf die gegenseitige Notwendigkeit und Ergänzung und man kann sie in den schon vereinigten Kirchen oder in den Kirchen, die zusammen arbeiten, klar sehen. Einerseits sieht man sie darin, daß eine Kirche ihre Werte einer anderen Kirche anbietet (z.B., die Gruppen der Zusammenarbeit in Deutschland, in der Schweiz, Fellowship Chuch), andererseits kommt sie zum Ausdruck als das große geistliche Handlungskapital, die von verschiedenen Kirchen in eine Unionskirche eingeflossen hat (z.B., in Kanada und in Indien).

Die schwache Seite dieses Prinzips der großen Nachsicht und gegenseitiger Respektierung liegt darin, daß es einst auf den Mangel des Wahrheitsmaßstabes verdächtig machen kann, oder daß es Verdacht weckt auf die Unwille und Kraftlosigkeit, die verschiedenen widersprüchlichen Erscheinungen in der gebildeten christlichen Einheit zu revidieren. Diese Einwendung hat teilweise Recht, da es viele Konfessionen geben, die ihre Eigenartigkeit oder sogar Existenz mit einem nur für sie anvertrauten Auftrag nicht rechtfertigen können. Deshalb kann man dieses Prinzip nur mit einer gewissen Korrektur annehmen.

2.      Die voraussichtlichen Gründe der Vereinigung des Protestantismus

Je nach dem Prinzip das Kirchenverein gebildet ist oder es vorausgesetzt ist, zu bilden, wirft auch die Frage nach den Gründen, auf denen das Verein gestiftet ist, auf.

            Die einfachste und die möglichste Form des Verbundes ist die Kirchenföderation und sie ist sehr weit und allgemein verbreitet. Die einzige Voraussetzung dafür ist das gemeinsame christliche Bewußtsein. Jede Konfession hat volle Freiheit, wie sie ihre Glaubenserfahrung konkretisieren will. Deshalb ist das der allerprotestantische Grund für den Verein der reformierten Kirchen. Da keine Krichentradition weder konstant noch absolut ist, da keine Auslegung und Interpretation der christlichen Offenbarung vollständig oder endgültig ist, ist es unmöglich, eine von diesen Sachen als den Grund oder die Voraussetzung für den Kirchenverein zu setzen. Dieser weite und freie Grund ist besonders grell an solchen Kirchenverbünden, wie z.B., FC, zu sehen, wo hinsichtlich auf die Dogmatik und die kirchliche Praxis so verschiedene und sogar exklusiven Gruppen wie die Baptisten (von verschiedenen Richtungen einschließlich die sogenannten „Baptisten der siebten Tage“, die fast identisch mit den Adventisten sind), Menoniten, Queker, Metodisten, Kongregationalisten und verschiedene kleine lutherischen Gruppen die Zusammenarbeit gefunden haben.

Da für die Aufhebung der  großen Zersplitterung der protestantischen Kirchen dieser Grund am wenigsten irgenwelche Schwierigkeiten schafft, isr er auch am meisten verbreitet. Deshalb isr er auch die „amerikanische“ Form der Vereinigung, die alle Sachen und Erscheinungen einschliesslich das, was sich auf die Kirche bezieht, ordnet nicht nach ihrem Wesen oder innerlichem Inhalt, sondern nach dem Alphabet. Dieser „geistliche“ Grund (wie ihn einige radikalen Gruppen nennen) hat jedoch viele Schattenseiten. Er hält viele Schwierigkeiten, Unvollständigkeiten und Widersprüche verborgen. Was für ein Ergebnis hat so einer Kirchenverband? Er ist nichts mehr als ein Verein der Konfessionen, wie ein Parlament der Vorsteher, eine bürokratische Anstalt, die nach außen einheitlich und übereingestimmt aussieht, aber innerlich völlig chaotisch ist. In so einem Kirchenverband hineiengebrachtes Material des Kultes, der Lehre, der Ordnung und der Bräuche bleibt völlig ohne irgendwelche Systamatisierund und, was das Wichstigste ist, auch ohne irgengwelche Überprüfung. Jede Konfession hat natürlich Recht ihre Eigenartigkeit als den Ergebnis der von Gott gewollten Offenbarungsreichtum hervorzuheben und zu verteidigen. Aber wieviele konfessionelle Bildungen gibt es, die ihre Existenz eigentlich nicht auf die Offenbarung Gottes, sondern auf den Grund der Menschensünde nämlich des Schismes in dem tiefsten und im ernsthatftesten Sinne dieses Wortes begründet haben. Wieviele Kirchenbildungen gibt es, deren Entstehen und Bestehen die menschliche Bosheit oder die geistliche Blindheit bestimmen? Haben die Sekten (wie z.B., Adventisten, Mormonen, viele „Geistes“-Sekten), die ihre Begründung in der Verengung oder Verstümmelung der Lehre Christi gefunden haben, Recht ihre Irrtümlichkeit fortzusetzen, wo sie obendrein noch von einer äußeren Kraft irgendeines Vereins geschützt sind?

Dabei so eine Nichtübereinstimmung der inneren Sachen wird unvermeidlich mit sich dieselbe nicht zu rechtfertigende Proselitismus mitbringen, vor dem so ein Verein strebt auszuweichen. Die nicht geklärten und nicht systematisierten Unterschiede und Eigenartigkeiten der Dogmatik und Kultus, die unter normalen Zuständen ihr Grund in irgendeine christliche und religiöse Erkenntnis oder Erfahrung haben, werden immer den Grund geben, einer Gruppe gegenüber der anderen ihre Argumente hervorzuheben. Sehr gute Beispiele für die Unterschiede der Ansichten sind in den Fragen des Taufensakraments und des geistliches Amtes der Kirche zu finden. Der weite, „platonische“ Grund des Kirchenvereins hat sich in FC wie die Baptisten, so auch die Anhänger der Kindertaufe unter einem Dach zusammengebracht. In dieser nicht übereingestimmter Frage wird immer eine Polarität geben, die in manchen Fällen die erreichte Einheit bedrohen kann. Dem geistlichen Amt und dem Wirken des heiligen Geistes in der Gemeinde wird dann das menschliche Streben nach dem Empfang des heiligen Geistes entgegengestellt. So ist solche Vereine durch Kontraste gekennzeichnet: einerseits da sind Queker, die konsequent verlangen, daß der heilige Geist immer in der Gemeinde wirkt, und andereseits da ist die reformiert- episkopalische Kirche („Reformed Episcopal Church“), eine Abart der anglikanischen Kirche, die in dieser Frage zu den Ansichten hält,  dass sich die Wirkung des heiligen Geistes hauptsächlich offenbaren kann und sich offenbart da, wo der würdig vorbereitete Ort und Leute sind, d.h., wo der Gottesdienst stattfindet und der Klerus ist, der als seine Aufgabe das Suchen nach der Gemeinschaft des heiligen Geistes und deren Weitergeben gestellt hat.

Von solchen und ähnlichen Meinungsverschiedenheiten aus kommt dann natürlich das

Vergleichen und die Wertung der verschiedenen Erscheinungen. Und ganz natürlich entsteht dann eine ernste Frage, ob in dieser oder jener Kirche erhaltenes Sakrament, egal – Taufe oder heiliger Abendmahl – vollwertig ist? Ob das eigenartig dogmatisch erleuchtetes Wort Gottes echt ist? Ob es dem, der es hört und erfüllt, die Heiligung fördern kann? Die Erklärung der inneren Sachen der Kirche gewinnt dann‘als der Faktor und Grund des Kirchenvereins immer größere Bedeutung. Was für den Wert hat der Kirchentradition?  Welche Kirchentradition erklärt am völligsten den Geist Christi?

In der letzten Zeit ist in den vielen sogar sehr radikalen protestantischen Kirchen diese Frage

brennend geworden (Die Einführung des Bischoftitels in manchen Kirchen von Deutschland, die anwachsende Neigung von „hoc significat“ zu „hoc est“ in der Lehre vom heiligen Abendmahl in den anglikanischen und reformierten Kirchen sind hier nur einige Beispiele). Die Notwendigkeit der Tradition ist wieder aktuell geworden. Die protestantischen Kirchen suchen sie als den Grund im realen Leben, der die christliche Kirche von der allgemeinen Religiösitet abgrenzen muß. Für die allgemeine Vereinigung des Protestantismus ist es zweifellos, daß eine Antwort auf die Frage nach der Tradition und die innere Einheitlichkeit der Kirche gefunden sein muß.

Die Bewegung „On Faith and Order“ hat die innere Einheitlichkeit der Kirche, die

auf gewisse gemeinsame christliche Tradition und Gut gegründet ist, als den Grund für die Vereinigung der Kirchen klar bestimmt. Weil in der Kirchenvereinigung eine große äußere Kraft liegt,  hat auch die anglikanische Kirche, die im Grunde seiner Lehre und teilweise auch in seiner Verfassung christlich ist, der Regulierung des Kirchenlebens und der Ausbildung der kirchlichen Tradition ernste Aufmerksamkeit geschenkt.  Die einzigen konkreten Vorschläge für die innere Vereinigung der Kirchen hat eben die anglikanische Kirche gegeben und in dem sogenannten Viereck von Lembet oder in vier minimalen Forderungen, die diese Vereinigung tief und allseitig macht, haben sie ihre klasische Form bekommen. Es ist kennzeichnend, dass diese Forderungen auch in der nächsten Kirchenverfassung des weiten Vereins von Südindien aufgenommen sind. Unter Berücksichtigung, daß an diesem Verein die folgenden konfessionelen Gruppen nämlich Kongregationalisten, Präsbyterien, Metodisten, Lutheraner und Anglikaner teilnehmen, ist dieses Verein zur Zeit das allerseitigste Verein der Kirchen. FC fehlen die Beide letzten.

Diese Forderungen sind folgend formuliert:

1.      Die Hiligen Schrift des Alten und des Neuen Testaments ist vollkommene und für die Erlösung unentbehrliche Norm des Glaubens.

2.      Die apostolische Bekenntnis ist die klasische Bekenntnisformel des Glaubens der Gemeinde.

3.      Die beiden von Jesus eingesetzten Sakramente – die heilige Taufe und das heilige Abendmahl – sind für die Erlösung unentbehrliche Gnadenmitel.

4.      Der historische Episkopat, der mit Vermittlung der apostolischen Sukzession in der Kontinuität der alten Kirche steht, ist der äußere Repräsentant und Symbol der christlichen Kirche.

            Dieses Schema des Vereins schließt die voraussichtliche Gründe der Vereinigung wie die Glaubensnorm, der Kultus und die Kirchenverfassung ein und zwar nur den wichstigsten Teil von diesen Erscheinungen, während in den perafären Sachen jede Konfession ihre eigene Freiheit hat.

Mit gewißer Eingrenzung in den Fragen der Glaubensbekenntnis und des Episkopats sind diese Gründe in allen Zeiten für alle christlichen Gemeinschaften gemeinsam gewesen.

a)      Sehr realer Grund für die Vereinigung der protestantsichen Kirchen ist die Annerkennung des Kanons der Heiligen Schrift. Da in allen protestantischen Konfessionen die Heilige Schrift die höchste Autorität genießt, sind alle protestantischen Konfessionen einmütig darin, daß die Heilige Schrift des Alten und des Neuen Testaments ist die Quelle der ganzen christlichen Offenbarung wie auch die normative Sammlung für das ganze Leben und für jede christliche Organisation. In den letzten Zeit hat diese Autorität trotz des krankhaften Angriffes des Antisemitismus auf einen Teil davon nur zugenommen. Die Bibel gewinnt immer mehr die Verehrung einer absoluten Norm. Und wenn es geht um dieWiedervereinigung der christlichen Religionen und der christlichen (bzw. protestantischen) Kirchen, dann kann sie erst dann erfolgen, wenn als der Grund der Vereinigung die Quelle der gemeinsamen christlichen Offenbarung gesetzt wird.

b)      Eine mehr komplizierte Frage, wo nicht so viel Einmütigkeit vorhanden ist, ist mit dem Versuch verbunden, für den Grund der protestantischen Vereinigung das eine oder andere Glaubensbekenntnis der alten Kirche zu legen.

            Hier sind doppelte Schwierigkeiten zu beachten. Die mehr liberalen Gruppen von Theologen der portestantischen Kirchen haben die Formel der Glaubensbekenntnisse der alten Kirche für die einfachen zeitgebundenen Dokumente gehalten, die ihre Zeit schon überstanden haben und nun nicht mehr ganz den Forderungen der modernen Kirche und dem Verständnis des Glaubens  entsprechen. Deshalb muß man sie aufgeben und stattdessen müssen andere, modern gebildete und mit unserem Zeit verbundene Bekenntnisse erscheinen.

Der zweite Einwand kommt von radikalen Freikirchen, z.B., von Baptisten u.a., die jede fixierte Glaubensformel für die Eingrenzung der Vollmacht und Kraft des heiligen Geistes halten, indem sie im Gebrauch solcher Formel die Gefahr des leeren Formalismus für die christliche Gemeinschaft sehen.

Man kann jedoch nicht ableugnen, daß die Annahme der alten Kirchenbekenntnisse als den Grund für die Vereinigung der protestantischen Kirchen nicht viel Positives mit sich bringt. Erstens stellen diese Bekenntnisse die einzige Kirchentradition dar, die in allen zersplitterten Kirchen schon gemeinsam, angenommen oder mindestens respektiert ist, obwohl jede von diesen Kirchen ihre eigene und eigenartige Gebräuche gebildet haben. Zweitens, wie das besonders die anglikanische Kirche und der Bichof von London Dr. Charles Gore („Die Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung”, S. 233–234),  betonen, schließen diese Bekenntnisse die Quintessenz des ganzen christlichen Glaubens ein, weshalb auch in der vereingten Kirche sie den Auftrag des Maßstabes des Gemeindeglaubens hätten.  Endlich ist die Altertümlichkeit dieser Bekenntnisse auch das Argument, was die Sache zugunsten ihrer Annahme entscheidet, da die Geschichte der christlichen Kirche in allen Zeiten und zu allen Orten genügend klar gezeigt hat, daß auch die mehr gewandte und am besten überlegte menschliche Gebilde, die nicht auf das Wesen des christlichen Glaubens beruhen, eher oder später zugrunde gehen.

c)      Die Frage der Sakramente

In dem aufgestellten Plan der Vereinigung ist die Frage der Sakramente sehr wichtig. Im Vorschlag der Kirchenvereinigung von seiten der Anglikaner nehmen die Sakramente einen sehr wichtigen Platz ein. Die sind auch eins von den Gründen der Kirchenvereinigung.

Zuerst muß man beachten, daß gerade im Verein der protestantischen Kirche diese Frage eine sehr wichtige Rolle spielt, da in allen protestantischen Einheiten die Auffassung der Sakramente eigenartig ist und auf jedem Fall unterscheidet sich sowohl von der Ortodoxen Kirche des Ostens als auch von der römisch-katholische Kirche. Zudem ist diese Auffassung ein gemeinsames Gut des ganzen Protestantismus. Der Protestantismus billigt und hat behalten nur zwei Sakramente, also die, welche den unbestreitbaren Charakter von deren Einsetzung von Jesus selbst haben nämlich die heilige Taufe und das heilige Abendmahl. Die sind von Jesus eingesetzten, wie auch von Ihm befohlene und gewollte Sakramente. Diese Tatsache allein ist schon eine kräftige Bindung für die  Gemeinschaft des ganzen Protestantismus. Dazu kommt noch das zweite gemeinsame Moment – eine bestimmte Negation gegen die Auslegung der Sakramente als das Mittel der physischen Erlösung, das sich rein mechanisch verwirklicht und wirkt (ex opere operato). Nach der protestantischen Auffasung schwänkt die Bewertung der Sakramente zwischen dem Zeichen des äußeren Gedenkens einerseits und dem Pfand der Gnade, die sub conditione gegeben ist, andererseits. Der Unterschied zwischen diesen beiden äußersten Auffasungen ist in den letzten Zeiten fast verschwunden, indem sich beide von ihnen auf der eingenartiger Weise vereinigt und fast in ganzem Protestantismus gleichmäßig eingedrungen haben. In dieser Hinsicht hat die Kirchenpraxis, die schon „ökumenisch“ ist, der Theorie zuvorgekommen. Auch in der Erfüllung vom Sakrament des heiligen Abendmahls hat der Protestantismus in seiner Praxis eine einheitliche Front gegen der allgemeinen Praxis der römisch-katolischen Kirche nämlich „communio sub utraque”.

Die größere Schwierigkeiten bestehen in der Frage von der heiligen Taufe, von dem Initiationsakt der christlichen Gemeinde, das sich mit der Gnade der Tilgung der vererbter Sünde verbunden ist. Nach der Auffassung und Praxis der Mehrheit der protestantischen Kirchen ist dieses Sakrament nur einmalig und schon in sehr frühe Kindheit zu erfüllbar, das dann dem Kind die Teilnahme an der von Gott gegebenen Gnade zuteilt. Nach der Auffassung der anderen Protestanten, besonders der radikalen Freikirchen und Wiedertäufer, ist die Taufe nur an dem gewissenhaften Menschen zu erfüllbar.

Bis jetzt liegen die ernsten Schwierigkeiten in der ganzen Frage des Sakraments gerade in der Praxis dieses Sakraments, aber das reale Leben zeigt, dass auch diese Schwierigkeiten nicht unüberwindbar sind. Der wesentliche Grund ist die Anerkennung oder die Ablehnung dieses Sakramentes, nicht aber die Praxis dessen Erfüllung (in der Kindheit oder später, mit Eintauchen, Besprengen oder Begießen des Taufenden). Daß diese Gegensätze zu überwinden sind, zeigen die Beispiele von Metodisten (die alle Weisen des Taufens anerkennen) und der Christus Kirche von Siam (die die verschiedenen Alter der Taufenden respektieren). Die Gemeinsamkeit der Sakramente gibt der Kirchenvereinigung die Einheitlichkeit des Kultus und stärkt besonders das Bewusstsein der Einigkeit unter den Gemeindemitglieder, die zu den verschiedenen Konfessionen gehören (vgl. die s.g. „sakramentale Gemeinschaft“ in den protestantischen Kirchen).

d)      Das geistliche Amt der Kirche; die Frage des Episkopats in der proetestantischen

Kirchenvereinigung.

Die größten Meinungsverschiedenheiten von den Gründen, die für die Vereinigung nötig sind, hervorruft die Frage des Episkopats oder der Verfassung. In bezug auf dieses Amt ist in den protestantischen Kirchen einerseits der größte Widerstand zu finden, andererseits hat aber dieses Amt eine große Anziehungskraft und in den letzten Zeit hat das Interesse davon stark gewachsen. Es ist kennzeichnend, daß sogar in den Ländern, die herkömmlich den Episkopat ablehnen, wie z.B., in Deutschland, der Episkopat nun wieder eine rege Zustimmung findet, was sich mit Erneuerung des Bischofsamts zur Geltung gekommen ist.

            Oft kommt es aber vor, daß weder eine noch andere Richtung einen tieferen Verständnis des Wesens der Sache aufweißt. Die Gegner des Episkopats übertreiben die Gafahr, die mit der Wiedereinführung des Bischofsamtes entstehen könnte, und solche Möglichkeiten bezeichnen als die Wiedererneuerung der hierarchischen Ordnung, der Anfang der Rekatholisierung, die Verweigerung des geistlichen Grundes der Gemeinde und die Rettung in den äußeren Ordnung. Ebenso verkehrt kommt es auch vielen übereifrigen Verteidiger des Episkopats vor. Die Beispiele von Deutschland und manchen anderen Ländern haben gezeigt, daß die tiefere Bedeutung und der Inhalt des Episkopats durch die leeren Tendenzen der Uniformierung der Kirche, durch das Spiel mit hellklingenden Titeln und die ungeprüfte Veränderungen der Kircheneinrichtung  durchgeglitten haben. Da hat man nicht erkannt, daß die Antriebe für den Episkopat oftmals nicht von den Kirchen selbst, sondern künstlich von außen hervorgerufen sind.

            Da außer des Geistes des Evangeliums und der Tradition der Episkopat keinen Wert hat, müssen solche Einwände und Praxis unbedingt beantwortet werden. Der Episkopat ist weder ein Titel für den höchsten kirchlichen Beamten (wie das in den konsistorialen Kirchen besteht), noch ein Titel für die hervorragendsten oder ältesten Mitarbeiter der Kirche wegen ihrer Verdienste (wie das besonders in der Vergangenheit in den deutschen und anderen Kirchen, die reformatorishen Geist haben, darunter auch in den Baltischen Ländern und in Russland, geschehen ist). Ebenso wenig bedeutet der evangelische Episkopat die geistliche Monarchie, egal, ob er auf den Grund der künstlichen Tradition gebildet ist (wie der römisch-katholische Episkopat) oder als das geistliche Oberkommando in den Ineteresen und im Protektorat einer anderer Macht entstanden ist (wie, z.B., das Amt des „Reichsbischofes“ in der evangelischen Kirche von Deutschland und ähnliche Experimente in dieser Richtung in manchen anderen evangelischen Kirchen).

            Nach der Meinung von dem Proponierer dieser Vereinigung der Kirchen nämlich der Anglikaner ist der Inhalt des evangeslischen Episkopats zweierlei:

1.      Der Mensch, der von der Kirche und mit einer Vollmacht von Gott zum Mitarbeiter in der Kirche oder in einem Bezirk der Kirche erwählt ist, hat das echte Amt des Bischofs und des Hirten. Dieser Mitarbeiter ist auf dem weitesten Maße der Aufsichtsbeamte des geistlichen Lebens der Kirche und der Vater (nicht der Herr!) deren Mitarbeiter.

2.      Sein Auftrag ist symbolisch. Er ist der Halter der Kircheneinheit in seinem Bezirk und deren Repräsentant in der gemeinsamen Kirche, wie auch der Kirchenrepräsentant nach außen, der Kirchenleiter, der auch vor anderen weltlichen Institutionen in der Gesellschaft eine geistliche Autorität hat. Deshalb ist der Bischof nicht ein eingesetzter Beamte, sondern der Mitarbeiter der Kirche auf immer. Er spricht und wirkt im Auftrag und in der Vollmacht aller Gemeinden, aller geistlichen Mitarbeiter und der verschiedenen Bereiche der geistlichen Arbeit. Nach den Einsichten von verschiedenen christlichen Gemeinschaften kann er auch in den Fragen des inneren Lebens der Kirche, der Lehre, des Kultus, der Disziplin und anderer Sachen mit größerer oder kleinerer Autorität beschenkt werden. Das alles macht ihn aber weder zum wörtlichen Bild oder Stellvertreter von Christus, noch zu einem einfachen bevollmächtigten Beamten.

            Mit dem Bischofsamt bindet sich noch eine andere komplizierte und schmerzhafte Frage der protestantischen Kirchen, nämlich die Frage der apostolischen Sukzession. In den Vereingungen der protestantischen Kirchen ist natürlich keine Rede von der katholischen Auffassung dieser Frage, aber diese Tradition hat eine unbestreitbare symbolsiche Bedeutung, die die geistliche Unabhängigkeit des kirchlichen Amtes und damit auch deren Einrichtungen, Lehre, Kultus und der ganzen Kirche von jeder äußere Macht kennzeichnet und eine synmbolische Einheit mit den geistlichen Strömen, die von Anfang an und durch alle Zeiten durch die christliche Kirche geflossen haben, darstellt. Solche Auffassung von der Tradition der apostolischen Sukzession könnte eine mächtige Kraft der Vereinigung für alle protestantischen Kirchen sein. Die apostolsiche Sukzession ist großenteils schon jetzt ein Vereinigungsbind für alle anglikanischen Kirchen in verschiednen Ländern geworden. Ebenso ist es auch unter die lutherischen Kirchen von Skandinavien, deren Bindungen der apostolischen Sukzession nach dem Krieg auch Estland und die evangelisch-luthersiche Kirche Lettlands für den Zeitabschnitt von 1923 bis 1931 eingeschlossen haben. Jedoch scheint diese Frage in den protestantischen Kirchen noch nicht ganz gereift zu sein. Anders kann man die unverzeihliche Leichtfertigkeit nicht erklären, welche in bezug auf diese Frage bei manchen protestantischen Kirchen zu beobachten ist.

            In der gemeinsamen protestantischen Kirche fielte dem Episkopat über die große Verschiedenartigkeit, die nicht eizuschränken ist, dann die wichtige Rolle der Vereinheitlichung der Kirche zu. Die Eigenartigkeiten jeder Diözese und jeder Gemeinde setzten dann fort zu existieren, aber sie würden dann dem Kompetenz und der Ordnung einer autoritären geistlichen Oberinstanz untergeordnet, damit sie möglichst weiter und besser den Aufträgen der gemeinsamen Kirche dienen könnten. Die Rolle des Episkopats und seine große Bedeutung würde dann helfen, die Bestrebungen der Sekulärisierung in der Kirche zu verhindern. Das Leben von Diözesen würde dann von innen und von außen nicht mehr den beweglichen und zeitbedingten Änderungen untergeordnet sein, aber es würde immer von einer geistlichen Instanz reguliert.

Die Notwendigkeit der geisitlichen Autorität ist in den protestantischen Kirchen immer klarer zu bemerken. Natürlich kann es noch lange dauern, bis sich der evangelische Episkopat in dem ganzen Protestantismus erneuern wird, aber es ist nicht zu leugnen, daß nach allen Experimenten, welche die protestantischen Kirchen seit der Reformation in dieser Richtung unternommen haben, sie wieder in eine heilsame und christliche Bahn einlenken, indem sie von neuem die alten, katholischen, allgemein christlichen Elemente für den Aufbau des Kirchenlebens annehmen.

(Übersetzt von Uldis Alpe) 

 


 

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